'Du sprichst mir aus der Seele'
Wenn wir so zu einem Menschen sprechen oder selbst diese Worte zugesprochen bekommen, ist etwas Wunderbares geschehen.
Ein Erkennen, das über Verstehen hinausreicht
Ein Berührt-Werden, das unter die Haut geht
Ein Wort, das sprachlos von Liebe zu erzählen beginnt
Wie kann so etwas geschehen?
von Angesicht zu Angesicht
Diesmal möchte ich gerne aus meiner 'musikalischen Nähkiste', meiner Klavierpraxis plaudern. Da das Unmögliche nur dann wahr werden kann, wenn wir es wagen, stehen seit längerem die 'Goldberg-Variationen' von Johann Sebastian Bach in meinem Notenregal - seit kurzem haben sie es auf das Pult meines Klaviers geschafft. J.S. Bach und im Speziellen dieses Werk sind Nahrung für meine Seele.
Voll Respekt und Neugier nähere ich mich dem Text, also den Noten, von Angesicht zu Angesicht - wie wenn sich zwei Menschen begegnen. Was steht da eigentlich, welcher Finger gehört wohin, zu welcher Zeit? Wenn sich die zehn Finger einigermaßen einig sind, ist es eine Freude, wenn diese Abläufe reproduzierbar werden, wenn sich Sicherheit einstellt, wenn allmählich Durchläufe gelingen, die klingen.
Wer mir dabei zuhört, wird mich immer wieder staunen hören 'Ah, so ist das!'. Wenn ich Ähnliches von meinen Klavierschülern höre, lacht mein Herz - dann ist die Botschaft angekommen.
in den Hintergrund
Wenn aus dem Werk Musik sprechen soll, muss das bisher Gelernte in den Hintergrund rücken, beinahe vergessen werden. Manchmal ist es sogar notwendig, Stücke 'liegen' zu lassen, sie für eine Zeit nicht zu spielen, damit sie sickern, sich entwickeln, innerlich nachreifen können. Dann beginnt der Text mich zu lesen, er fragt nach mir.
Es darf jetzt nicht mehr darum gehen, zu denken, bewusst zu tun - geschehen lassen ist angesagt. Ich erlebe es, als hörte ich selbst zu, als würde ich meine Finger der Musik leihen - eine Gleichzeitigkeit von Tun und Lassen. Und ich muss gestehen, das ist nicht immer die einfachste Übung.
Im Glücksfall spricht mir dann Musik aus der Seele, die Botschaft des Werks wird deutlich, klar und sie berührt. Es ist, als könne es nur so sein.
im Element
Haben Sie schon einmal bemerkt, wie schön Menschen sind, wie sie strahlen, wenn sie in ihrem Element sind? Wie ein Puzzlestein, der genau an diese Stelle passt, wie ein Baum, der an dem Ort steht, wo er sich entfalten kann, Schatten spendet, Platz für Vögel und andere Tiere bietet.
Auf diese Weise ist es möglich, das je Eigene zum Ganzen beizutragen, im Großen wie im Kleinen. Im Innersten an-gerührt, bringen wir Wesentliches nach außen.
Diesen - inneren wie äußeren - Ort zu finden, ist ein Glück! Wes bedarf es dafür?
Norbert Trawöger schreibt 'Das Unerwartete trifft den Vorbereiteten'
Es geht weniger um die Produktion solcher Ereignisse, jedoch um unsere ausgestreckte Hand. In meinem eingangs beschriebenen Beispiel gesprochen: Im Wesentlichen bedarf es der Anschaffung der Noten, des Übens und meiner Bereitschaft, mich darauf einzulassen. Wie eine ganz praktische Vorbereitung des unerwarteten Glücks.
Ob und wie es kommt, dieses Eins-Sein mit der Musik, liegt weder in meinen Fingern, noch in meiner Hand.
Doch wenn es mir aus der Seele sprechen will, möchte ich da sein!
Kennen Sie Momente des Eins-Seins mit Ihrer Seele?
Wie spüren Sie es körperlich, wie fühlen Sie es innerlich?
Wer oder was hat Ihnen zuletzt aus der Seele gesprochen?
Weiß Ihr Gegenüber auch davon? Falls nicht, zögern Sie nicht und teilen Sie es mit!
Musik hört hoffentlich nie auf - in und aus mir - zu fließen, mich zur Vorbereitung anzuregen, zu Neuem zu inspirieren.
Dann sitze ich und bin
selig
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